Wie du dem täglichen Kampf ums Essen entfliehen kannst

Kürzlich erhielt ich ein email mit folgendem Inhalt:

 „Liebe Frau Podek,

über eine Bekannte haben wir ihre email Adresse erhalten und hoffen, dass Sie uns vielleicht helfen können. Unser Sohn Max (3) verweigert oftmals die gemeinsamen Mahlzeiten oder er sucht sich nur ganz bestimmte Sachen (wie z.B. die Karotten aus dem Mischgemüse) raus, die er isst. Früher hat er alles gegessen oder zumindest gekostet, aber auch das verweigert er inzwischen komplett. Ich habe schon Einiges probiert, wie gut zureden, bitten, schimpfen, ihm nichts anderes zu geben, aber alles war bislang erfolglos. Lieber verzichtet er völlig auf das Essen, als das von mir Gekochte zu essen. Teilweise koche ich schon ein zweites Mal nur für ihn, aber zum einen ist das nicht immer möglich, zum anderen nervt es mich auch. Ich fürchte mich inzwischen schon vor den Mahlzeiten, weil sie jedes Mal in Diskussionen und Streit enden. Haben Sie eine Idee, was wir machen können, damit wir wieder „normal“ gemeinsam Essen können? Danke und liebe Grüße, J.“

 

Dieses Problem, mit welchem sich J. an mich gewendet hat, ist kein Einzelfall, sondern betrifft viele Familien. Die Kinder essen nicht oder nur sehr ausgewählte Speisen. Oftmals wird aus dem Essen ein stetiger Machtkampf, den in der Regel das Kind gewinnt, weil es seinen Mund nicht öffnet oder die Nahrungsaufnahme komplett verweigert.

Aber warum machen Kinder das eigentlich?

Fast alle Babys probieren die von ihren Eltern angebotenen Lebensmittel von Beginn an problemlos und neugierig aus. Mit steigendem Alter, verändert sich dieses Verhalten zunehmend und erreicht ungefähr mit ca. 3 Jahren seinen Höhepunkt (auch weil in diesem Alter das Ekelgefühl einsetzt). Kinder sind in diesem Alter äußerst skeptisch gegenüber neuen Nahrungsmitteln und lehnen geschmacklich komplexe oder eventuell bittere Lebensmittel oft komplett ab.

Evolutionsbiologisch hat dieses kindliche Verhalten einen guten Grund, denn solange das Baby noch ausnahmslos durch die Mutter versorgt wird, ist das Kind sicher.

Sobald es aber beginnt die Welt auf eigenen Beinen zu erforschen und sich auch durch sein Autonomiebestreben von den Eltern entfernt, unterliegt das Essen nicht mehr der Kontrolle der Eltern. Dadurch dass das Kind also alles was unbekannt ist meidet, sorgt es im Grunde dafür, dass es nichts „Verdorbenes“ ist und sichert damit sein Überleben.

Erst wenn die kindlichen Organe reifer sind und die Nahrungsauswahl durch soziales Lernen abgesichert ist, kann sich der Geschmackshorizont wieder erweitern. Dies ist meist zwischen 8 und 12 Jahren der Fall und Kinder beginnen in diesem Alter auch vorher undenkbare Lebensmittel wie z.B. Pilze, stärkere Käsesorten und auch Gemüse, v.a. Kohlsorten zu kosten und damit zu experimentieren.

Natürlich sind diese Schutzprogramme heute, wo in den Regalen der Supermärkte und auch zu Hause im Kühlschrank eher keine tödlichen Lebensmittel lauern überflüssig geworden, aber der Körper unsere Kinder folgt nun einmal dem im „Urwald“ entwickelten Erfolgsprogramm, auf dass er sich verlassen konnte.

Tipps:

  • Sei entspannt, wenn dein Kind plötzlich beginnt, Nahrungsmittel, die es immer gegessen hat, abzulehnen oder sich bestimmte Sachen aus dem Essen rauspickt – das ist völlig normal und kein Grund zur Sorge. Je entspannter du damit umgehst, umso leichter ist die Situation für euch alle. Lässt du dich hingegen auf einen Machtkampf ein, indem du dein Kind drängst, etwas zu probieren oder mit Konsequenzen drohst, wirst du diesen in der Regel verlieren. Dein Kind wird dir hier sehr deutlich machen, dass es sich von dir nicht wertgeschätzt fühlt, indem wie es ist und entweder mit Aggression reagieren und/oder seinen Mund einfach nicht mehr öffnen. Dieses Spiel verlieren wir Eltern dann allzuoft, weil wir uns doch irgendwann Sorgen darüber machen, dass unser Kind nichts mehr isst;)
  • Experimente zeigen, dass kleine Kinder, die ein Nahrungsmittel zunächst ablehnen, dieses doch annehmen, wenn man es ihnen an aufeinanderfolgenden Tagen noch etwa zehn weitere Male anbietet. Kinder essen also bestimmte Nahrungsmittel nicht, weil sie ihnen nicht schmecken, sondern sie schmecken Ihnen, weil sie immer wieder davon essen.
  • Sei deinem Kind ein freundliches Vorbild! Kinder greifen am Tisch oft spontan nach dem, was die Mama, der Papa oder ältere Geschwister essen. Dies bestätigen auch Studien: Ein- bis vierjährige Kinder probieren ein neues Lebensmittel doppelt so häufig, wenn ein freundlicher Erwachsener davon zuerst nimmt.
  • Lass dein Kind mit dem Essen „spielen“. Auch wenn es von den Eltern nicht immer gerne gesehen wird, dass Kinder Lebensmitteln mit ihren Fingern ertasten, sich in den Mund stecken, Ablutschen und Wegwerfen, so fördert dies doch auf starke Weise das Kennenlernen von Lebensmitteln und verstärkt die Lust am Essen.

Ich hoffe, Dir hat mein Artikel gefallen! Besonders ans Herz legen möchte ich Dir meine Artikel zu den Themen Wut und Aggression, Konflikte und Schulprobleme.

Wenn Du Unterstützung bei Erziehungsproblemen suchst, schau Dir mein Angebot an. Egal ob Trotzphase, Pubertät, Schulprobleme, … ich biete Live-Coaching, eMail-Coaching und eMail-Kurse als Hilfestellung an. Die eMail-Kurse zu den Themen „Trotzphase“ und „Hilfe- mein Kind will nicht hören“ sind besonders beliebt.

Du kannst mir natürlich auch direkt schreiben und ich freue mich auch über Feedback zu meinem Artikel!

Deine Heike

Heike Podek | Erziehungswissenschaftlerin, Coach und Gründerin von beziehungsorientiert.at

Ich glaube, dass Erziehung ohne den Einsatz von Angst und Macht funktionieren kann. Ich will ich einen beziehungsorientierten Umgang mit meiner Familie leben, in der sowohl die Bedürfnisse unserer Kinder, als auch unsere elterlichen Bedürfnisse Platz und Raum haben.

Heike Podek | Erziehungswissenschaflerin, Coach und Gründerin von beziehungsorientiert.at

Ich glaube, dass Erziehung ohne den Einsatz von Angst und Macht funktionieren kann. Ich will ich einen beziehungsorientierten Umgang mit meiner Familie leben, in der sowohl die Bedürfnisse unserer Kinder, als auch unsere elterlichen Bedürfnisse Platz und Raum haben.