Magª Heike Podek in der All4family 09/2016 zum Thema: „Starke Kinder“

Gewalt und Aggression scheinen heutzutage an der Tagesordnung – die Medien berichten davon und auch  das Internet ist voll. Wir sehen und hören von Terror, Überfällen und Gewalttaten, aber auch Aggressionen in der Familie, Mobbing in Schulen und sexuelle Gewalt scheinen keine Ausnahme zu sein.

Als Mama stellt sich mir da die Frage: Wie kann ich meine Tochter davor schützen?

In welchem Umfeld kommt es zu maßgeblich zu Gewalt und welche Kinder sind besonders gefährdet?

Kinder erfahren weltweit in allen sozialen Schichten Aggression und Gewalt in unterschiedlichen Formen. Nach dem österreichischen Institut für Familienforschung der Universität Wien stellt im Gegensatz zur gesellschaftlichen Idealvorstellung die Familie nach wie vor den Ort dar, an dem die Kinder am häufigsten Gewalt erfahren. In physischer und psychischer Form, wie einen Klaps geben, festes Anfassen, Ablehnung, Drohungen und Alleine lassen, wird sie nach wie vor als „Erziehungsmittel“ eingesetzt. Als besonders gefährdet gelten Kinder, deren Eltern Probleme durch eigene familiäre Gewalterfahrungen, psychische Erkrankungen, chronische Überforderung und Existenzängste haben. Diese verringern bei allen Eltern die Fähigkeit zur Selbstkontrolle und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit von Gewalthandlungen.

Darüber hinaus bietet heutzutage auch das Internet, Handy (WhatsApp, Snapchat u.ä.) sowie Social Media eine große Plattform für unterschiedliche Formen von Gewalt.

Normale Konflikte, die Kinder, wenn sie in einer Gruppe zusammenkommen (z.B. in der Schule) unweigerlich haben, werden heutzutage nur selten im persönlichen Gespräch gelöst, sondern über soziale Medien – nicht selten auch unter Einbeziehung der Öffentlichkeit – ausgetragen. Gerade in diesem Bereich, in den auch das Mobbing fällt, sind vor allem Kinder gefährdet, die anders sind und/oder bestimmte Merkmale aufweisen, wie z.B. Übergewicht, eine Behinderung, eine Krankheit, eine äußerliche Besonderheit u.ä.

Wie können Eltern / Vertrauenspersonen erkennen, wenn das Kind solche Probleme hat?

Kinder, die Opfer von physischen oder psychischen Gewalteinwirkungen werden, fallen meistens auf, indem sie sich plötzlich anders als sonst verhalten. Ein Großteil zieht sich zurück und vermeidet Kontakt zu anderen Kindern. Sie haben zunehmend keine Lust etwas zu unternehmen und zeigen wechselnde Stimmungen. Nicht selten entwickeln die Kinder körperliche Beschwerden wie Kopf- und/oder Bauchschmerzen, schlafen schlecht und haben keinen Appetit. In der Schule äußern sich ihre Probleme dadurch, dass sie sich nicht konzentrieren können und ihre Leistungen deutlich abfallen. Viele wollen auch plötzlich nicht mehr in die Schule gehen.

Wie kannst du dein Kind sensibilisieren, sich im Notfall einer Vertrauensperson zu öffnen?

Solltest du  bei deinem oder einem anderen Kind solche oder ähnliche plötzliche Veränderungen wahrnehmen, macht es immer Sinn, selbst das Gespräch zu suchen oder Kinder auf sogenannte Vertrauenspersonen hinzuweisen. Das kann eine gute Bekannte, aber auch die/der KindergartenpädagogIn, LehrerIn oder eine BeratungslehrerIn sein.

Da die meisten Kinder, die von Gewalt betroffen sind,  unter hohem Druck stehen und auch Angst davor haben, sich jemanden anzuvertrauen, macht es Sinn, Kinder frühzeitig mit dem Unterschied zwischen guten Geheimnissen und schlechten Geheimnissen vertraut zu machen. Gute Geheimnisse sind etwas, wo sich das Gegenüber freut, wenn es zu einem bestimmten Zeitpunkt von diesem Geheimnis erfährt, z.B. Geburtstagsüberraschung. Schlechte Geheimnisse gehen immer mit negativen Empfindungen, Angst oder Druck einher und sollten von daher immer angesprochen und aufgedeckt werden.

Kann ich nicht schon vorher was tun? Wie kann ich mein Kind z.B. vor den aggressiven Seiten etc. im Internet/ TV/ Social Media schützen?

In Bezug auf die Medien, wie TV, Internet und Social Media, die Kinder schon in einem sehr frühen Alter benutzen, scheinen Eltern nur wenig Einfluss zu haben, aber eine frühe Medienerziehung liegt ganz klar im Verantwortungsbereich der Eltern.

Gerade Computer und Internetspiele, die von Kindern und Jugendlichen oftmals in Gruppen online gegeneinander gespielt werden, stellen für Eltern immer wieder eine Herausforderung dar. Wissenschaftlich gesehen sind Spiele die wirksamste Form des Lernens. Wenn Spiele also vermitteln, dass Gewalt Konflikte löst und zum Erfolg führt, dann wird das im Gehirn so gespeichert und in entsprechenden Situationen abgerufen. Dabei spielt natürlich die Intensität  sowie der Realitätssinn eine Rolle. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, bei der Medienerziehung nicht erst einzuschreiten, wenn die Jugendlichen in der Pubertät sind und sich nichts mehr sagen lassen (wollen), sondern von Anfang an, als Vorbild und Beziehungspartner im Umgang mit Medien zur Verfügung zu stehen.

So können Eltern ihre Kinder unterstützen, ihren Selbstwert u stärken, damit sie zu selbstbewussten und gefestigten, aber auch sozial kompetenten und hilfsbereiten Erwachsenen werden:

Tipp 1: Wahrnehmung anstatt Lob oder Kritik

Zeig Interesse an deinem Kind und an dem, was es tut, was es denkt und wie es ist. Gerade zu Anfang, wenn unser Kind auf die Welt kommt, fällt uns das ganz leicht, weil wir das Baby kennenlernen wollen und versuchen wollen zu verstehen, was seine Signale bedeuten. Ab ca. 3 Jahren glauben wir unser Kind zu kennen und hören damit auf – zu diesem Zeitpunkt beginnt oft vermehrte Kritik am Verhalten oder sogar am Kind selbst. Kritik aber unterstützt unser Kind nicht darin, sich zu einem selbständigen und selbstbewussten Erwachsenen zu entwickeln, sondern verunsichert es massiv. Übermäßiges Loben hat übrigens Ähnliches zur Folge.

Das Selbstgefühl entsteht vor allem dadurch, dass das Kind durch die Bezugspersonen wahrgenommen, aber nicht bewertet wird. Ein Beispiel: Das Kind kommt mit einer Zeichnung aus dem Kindergarten nach Hause und zeigt sie uns. Anstatt in Lobeshymnen auszubrechen oder dem Kind mitzuteilen, dass es sich schon hätte mehr anstrengen können, sag einfach, wie dir das Bild gefällt. „Ich finde das Bild schön, besonders gut gefällt mir die Sonne. Wie findest du es denn? Gefällt es dir?“ oder auch „Hattest du Spaß beim Malen?“. Und dann hör dir die Meinung deines Kindes an und kommt so in ein Gespräch.

Auf diese Weise lernt dein Kind, seine Meinung zu äußern und seine Gefühle ernst zu nehmen, unabhängig von der Meinung anderer.

Tipp 2: Vertrauen schenken

Vertrauen ist die größte Ressource, die der Mensch hat, um mit schwierigen Situationen fertig zu werden. Die Basis dafür wird beim Menschen im 2- 3 Lebensjahr gelegt. Kinder erleben in dieser Zeit zum ersten Mal ihre Autonomie, der sie meist mit Sätzen wie „Ich will selber…“ oder „Ich kann selber…“ Ausdruck verleihen. Wenn man die Kinder nicht ernstnimmt, kommt es vermehrt zu Machtkämpfen zwischen ihnen und ihren Eltern. Statt dich darauf einzulassen, kannst du diese Entwicklung  ganz intuitiv unterstützen, indem du an die Ressourcen deines Kindes anknüpfst. Wenn dein Kind also etwas Neues ausprobiert, z.B. auf ein Klettergerüst klettern will und herunterfällt, versuch es nicht zu schonen und etwas zu sagen wie. „Dafür bist du noch zu klein.“, sondern lass es in Ruhe oder sag etwas wie. „Hast du dir wehgetan? Guter Versuch – vielleicht klappt es beim nächsten Mal.“  Auf diese Weise hilfst du deinem Kind dabei, Vertrauen in sich und seine Fähigkeiten aufzubauen. Auch wenn unserer Kinder größer werden sollten wir ihnen in ähnlicher Weise vertrauen, sie in Situationen in denen sie hinfallen und Fehler machen, trösten und auffangen und dann wieder weiterschicken, zu forschen und auszuprobieren. Mit dieser Art von elterlichem Vertrauen gewinnen Kinder mehr und mehr das Gefühl, selbstwirksam zu sein und trauen sich auch Konflikte zu lösen.

Tipp 3: Lernen am Vorbild/ Nachahmung

Kinder lernen durch Nachahmung. Gerade in den ersten sieben Lebensjahren ist das Lernen am Vorbild die wichtigste kindliche Lernmethode und auch später behält das Lernen durch Nachahmung eine hohe Bedeutung. Eltern kommt bei dieser Art von Lernen eine besondere Rolle zu. In der Familie können Kinder durch ihre Eltern lernen, wie man mit Meinungsverschiedenheiten, mit Interessensgegensätzen umgehen kann, wie man Konflikte bewältigt und Kompromisse schließt. Dazu brauchen Eltern keine besonderen Situationen inszenieren, sondern sich einfach ganz „normal“ verhalten.

Ich hoffe, Dir hat mein Artikel gefallen! Besonders ans Herz legen möchte ich Dir meine Artikel zu den Themen Wut und Aggression, Konflikte und Schulprobleme.

Wenn Du Unterstützung bei Erziehungsproblemen suchst, schau Dir mein Angebot an. Egal ob Trotzphase, Pubertät, Schulprobleme, … ich biete Live-Coaching, eMail-Coaching und eMail-Kurse als Hilfestellung an. Die eMail-Kurse zu den Themen „Trotzphase“ und „Hilfe- mein Kind will nicht hören“ sind besonders beliebt.

Du kannst mir natürlich auch direkt schreiben und ich freue mich auch über Feedback zu meinem Artikel!

Deine Heike

Heike Podek | Erziehungswissenschaftlerin, Coach und Gründerin von beziehungsorientiert.at

Ich glaube, dass Erziehung ohne den Einsatz von Angst und Macht funktionieren kann. Ich will ich einen beziehungsorientierten Umgang mit meiner Familie leben, in der sowohl die Bedürfnisse unserer Kinder, als auch unsere elterlichen Bedürfnisse Platz und Raum haben.

Heike Podek | Erziehungswissenschaflerin, Coach und Gründerin von beziehungsorientiert.at

Ich glaube, dass Erziehung ohne den Einsatz von Angst und Macht funktionieren kann. Ich will ich einen beziehungsorientierten Umgang mit meiner Familie leben, in der sowohl die Bedürfnisse unserer Kinder, als auch unsere elterlichen Bedürfnisse Platz und Raum haben.