Hilfe, mein Kind beißt!

„Marius (2,5 J.) beißt auf dem Spielplatz den Burschen, der ihm gerade die Sandschaufel weggenommen hat.“

 „Marie (2 J.) beißt ihre Mama, weil sie nicht das bekommt, was sie sich gerade wünscht.“

„Jonas (3 J.) geht im Kindergarten zu einem anderen Burschen in die Bauecke und beißt ihn ohne Vorwarnung in den Arm.“

So, wie die Eltern der Kinder in den oben genannten Beispielen, erleben nicht wenige Eltern, dass ihr Nachwuchs in bestimmten Situationen sie oder ein anderes Kind beißt.

Aber warum beißen Kinder eigentlich?

Kleinkinder, die jünger als zwei Jahre sind, beißen oft aus unterschiedlichen Gründen, wie Müdigkeit, Hunger, Frustration oder Überreizung. Manche wollen auch im Sinne des sogenannten Explorationsverhaltens einfach mal ausprobieren, was passiert, wenn sie die Mama oder den Papa beißen (Ursache-/ Wirkungsverhalten). Bei dieser Art des Beißens handelt es sich um altersgerechtes Verhalten.

Auch ein zweijähriges Kind kann noch nicht verstehen, dass es jemand anderem wehtut. Sie beißen oder hauen, um sich auszudrücken, um Unabhängigkeit zu erlangen oder um ihrer Frustration Luft zu machen. Da es noch nicht gelernt hat, sich sprachlich auszudrücken, wenn es sich ärgert oder wütend ist, benutzt es seinen Körper, um sich mitzuteilen und sich Luft zu machen.

Erst am dem Kindergartenalter (ab ca 3-4 Jahren) könnens ich gesunde Kinder in der Regel in andere hineinversetzen und mit anderen mitfühlen. Sie wissen dann auch, dass Beißen bei ihrem Gegenüber Schmerzen verursacht. In vielen Fällen hört damit und auch mit der Fähigkeit, seinen Frust in Worte zu fassen, das Beißen von alleine auf.

Manche Kinder reagieren auch auf Veränderungen in ihrem Leben, wie zum Beispiel einem Umzug und die neue Umgebung, der Trennung der Eltern, dem Tod eines Verwandten, der Geburt eines Geschwisterchens o.ä. mit Beißen. So versuchen sie die neuen Umstände zu verarbeiten und ihre Gefühle auszudrücken.

Was du bei kindlichem Beißen auf jeden Fall unterlassen solltest

Beiß dein Kind auf keinen Fall zurück! Denn denke immer daran, dass du Vorbild für dein Kind bist und ihm auf diese Weise vermittelst, dass es o.k. ist Gewalt anzuwenden. Kleine Kinder verstehen nicht, warum sie nicht beißen dürfen, wenn Mama es doch auch tut.

Halte ihm auch keinen Vortrag! Für dein Kind ist es nur wenig hilfreich, wenn du ihm einen Vortrag darüber hälst, warum Beißen nicht in Ordnung ist und dass es weh tut etc., denn das Kind hört in der Regel nur „Mama oder Papa mag mich nicht. Ich bin böse/schlimm“. In Folge beginnt es an sich selbt zu zweifeln und die Wahrscheinlichkeit, dass es mehr beißt steigt.

Aber, was kann ich denn dann tun, wenn mein Kind beißt?

Ursache- Wirkungs- Beißen:

Will dein Kind einfach ausprobieren, wie sein Gegenüber, also in dem Fall du reagierst, wenn es dich beißt, versuche zunächst einmal ruhig zu bleiben. Vielen Eltern wird geraten, in einem solchen Fall das Beißen (nicht das Kind) zu ignorieren. Ich halte das im Sinne des beziehungsorientierten Umgangs für wenig sinnvoll, weil ich glaube, dass es deinem Kind nicht beim Verstehen der Situation hilft.

Sei also ruhig authentisch und sage deinem Kind so etwas wie: „Aua, das tut mir weg. Ich will nicht, dass du mich beißt.“ und dann belasse es dabei und mache weiter mit dem, was du vor dem Beißen getan hast.

Kontakt aufnehmen

Wie im anfangs angeführten Beispiel von Jonas verdeutlicht, hauen oder beißen Kinder oft ein anderes Kind, wenn sie noch nicht gelernt haben, wie sie Kontakt mit anderen aufnehmen können. Sie wollen ihm damit signalisieren: „Hey, ich will mit dir spielen.“ Natürlich wird es auf diese Art und Weise niemanden finden, der mit ihm spielt, sondern eher im Gegenteil, werden ihn andere Kinder eher meiden. Das ist natürlich für Jonas besonders schlimm, weil er einfach nicht versteht, warum kein Kind seine Einladung zum spielen annehmen will.

Wenn es deinem Kind auch schwer fällt, Kontakt zu anderen Kindern ohne beißen oder hauen zu knüpfen, unterstütze es, indem du sobald es sich auf ein anderes Kind zubewegt, an seiner Seite bist. Erkläre ihm, wie man Kontakt knüpft. Dazu kannst du etwas sagen wie: „Du magst mit dem Mädchen gerne spielen, oder? Geh doch einfach mal zu ihr hin und sag ihr, wie du heißt und/ oder frag sie, ob sie mit dir spielen mag.“ Du kannst auch anfangs für dein Kind sprechen, solange bis es gelernt hat, auf diese Weise Kontakt zu knüpfen.

Mangelnde Ausdrucksmöglichkeiten:

Die Mehrzahl aller Kinder beißt in der Regel, weil ihnen bis zu einem gewissen Alter einfach die sprachliche Fähigkeit fehlt, ihre Bedürfnisse oder Emotionen auszudrücken. Meistens reagieren sie dann mit Aggression, die sich in Form von Hauen, Kratzen oder eben Beißen zeigt. Auch im Fall von Marius (sie Anfangsbeispiel), der beißt, weil ihm das Spielzeug weggenommen wird, wird deutlich, dass er verbal seinen Frust noch nicht ausdrücken kann, und sich aus diesem Grunde mit seinen Zähnen verteidigt.

In diesem Fall kannst du dein Kind dabei unterstützen, deutlich „Nein“ zu sagen und dem anderen Kind klarzumachen „Ich möchte das nicht.“

Aber auch wenn dein Kind beißt, weil es sich ärgert oder wütend ist, unterstütze es dabei, seine Gefühle in Worte zu fassen. Darüberhinaus kannst du ihm Alternativen anbieten, denn dein Kind weiß nicht, wie es aus seiner Situation rauskommen kann. Biete ihm Alternativen an, wie es seinem Ärger/Frust Luft machen kann, z.B. auf ein „Wutkissen“ zu hauen, Papier zu zerreißen, fest mit einem Stift auf’s Papier zu kritzeln, sich zu bewegen. Vertrau da ruhig auf die Kreativität deines Kindes. Wichtig ist nur, dass du das Finden einer Alternativen machst, wenn ihr beide ruhig und entspannt seid.

Insgesamt macht es bei allen beißenden Kindern Sinn, ruhig, aber entschlossen mit dem Kind zu sprechen und die konkreten Ursachen des Ärgers/ der Frustration zu erkunden. Darüber hinaus finde ich es wichtig, auch die eigenen Gefühle zu benennen. „Ich will nicht, dass du beißt, das tut mir weh und ärgert mich/macht mich traurig. Ich will, dass du damit aufhörst!“

Danach kannst du fragen: „Aber was hat dich so wütend gemacht? Ich würde es gerne verstehen.“

Auf diese Art und Weise machst du deine eigene persönliche Grenze gegenüber deinem Kind deutlich und zeigst dennoch Interesse an seiner Person und seinen Gefühlen. Dein Kind wird sich auf diese Weise weiterhin wertvoll und wertgeschätzt fühlen und gerne mit dir kooperieren, in Zukunft eine andere Möglichkeit zu suchen.

Die Phase des extremen Beißens ist oft mit dem Spracherwerb und der damit verbundenen Fähigkeit, eigene Gefühle zu benennen, vorbei. Sollte dein Kind auch danach noch dauerhaft Probleme mit dem Beißen haben, ist es durchaus sinnvoll, wenn du dir Unterstützung holst.

Ich hoffe, Dir hat mein Artikel gefallen! Besonders ans Herz legen möchte ich Dir meine Artikel zu den Themen Wut und Aggression, Konflikte und Schulprobleme.

Wenn Du Unterstützung bei Erziehungsproblemen suchst, schau Dir mein Angebot an. Egal ob Trotzphase, Pubertät, Schulprobleme, … ich biete Live-Coaching, eMail-Coaching und eMail-Kurse als Hilfestellung an. Die eMail-Kurse zu den Themen „Trotzphase“ und „Hilfe- mein Kind will nicht hören“ sind besonders beliebt.

Du kannst mir natürlich auch direkt schreiben und ich freue mich auch über Feedback zu meinem Artikel!

Deine Heike

Heike Podek | Erziehungswissenschaftlerin, Coach und Gründerin von beziehungsorientiert.at

Ich glaube, dass Erziehung ohne den Einsatz von Angst und Macht funktionieren kann. Ich will ich einen beziehungsorientierten Umgang mit meiner Familie leben, in der sowohl die Bedürfnisse unserer Kinder, als auch unsere elterlichen Bedürfnisse Platz und Raum haben.

Heike Podek | Erziehungswissenschaflerin, Coach und Gründerin von beziehungsorientiert.at

Ich glaube, dass Erziehung ohne den Einsatz von Angst und Macht funktionieren kann. Ich will ich einen beziehungsorientierten Umgang mit meiner Familie leben, in der sowohl die Bedürfnisse unserer Kinder, als auch unsere elterlichen Bedürfnisse Platz und Raum haben.